LESEPROBEN
Guter Service ist (k)ein Geheimnis ?!

... Es war einmal ein kleiner Journalist und Buchautor, der wollte am Hofe von Johann Lafer, dem größten Koch aller Zeiten, empfangen werden. So fragte er in Stromberg, wo der Kochkönig residierte, an, ob das doch so große Küchengenie Johann Lafer ihn für ein Interview am Hofe der Stromburg empfangen würde oder ob man zumindest eine Führung durch sein Reich bekommen könne. Natürlich sprach der Kochkönig nicht persönlich mit dem Supplikanten, dazu hatte er ja auch keine Zeit, denn wenn er nicht in der Fernsehküche steht und seine Untertanen via Bildschirm an den Ausgeburten seiner Kreativität teilhaben läßt, dann schreibt er wieder an einem seiner großen Kochbücher. ...
Natürlich antwortete der Monarch, wie auch am Hofe anderer Könige üblich, nicht persönlich, sondern ließ über die für ihn tätige Agentur PR-Profitable durch die Inhaberin Lydia Malethon folgendes ausrichten: „Von einem Besuch auf der Stromburg bitten wir Sie abzusehen. Täglich erreichen uns Anfragen von Journalisten, Autoren und Fotografen. Wir haben uns deshalb entschlossen, nur einige wenige auserwählte Vertreter der Medien persönlich auf die Stromburg einzuladen. ...
Wo käme man da auch hin, schließlich kann doch nicht jeder Interessierte die Stromburg besuchen, nur weil er glaubt, er müsse ein Buch schreiben. Und natürlich gibt es Auskünfte nur auf dem schriftlichen Wege, denn würden alle so einfach telefonisch darum bitten – sicherlich wären das täglich Hunderte, wenn nicht Tausende –, könnte die PR-Agentur von Lydia Malethon einer geregelten Tätigkeit nicht nachgehen und die Leitungen würden zusammenbrechen.
(Stromburg, Stromberg)

... Man hat den Eindruck, Direktor Stefan Simkovics rekrutiert sein Personal über eine Modelagentur. Ob er den Schwerpunkt seiner Personalauswahl auf Aussehen oder Qualifikation legt, weiß ich nicht. ...
Der Spagat, gutaussehendes und qualifiziertes Personal, das möglichst nicht älter als 35 Jahre ist, zu beschäftigen, scheint dem Four Seasons zumindest auf den ersten Blick hin zu gelingen. Manchmal fröstelt es ein wenig im Hotel, und nicht, weil Simkovics an der Heizung spart, sondern weil das Personal Arroganz, die bekanntlich eine Persönlichkeitsschwäche ist, mit Noblesse verwechselt.
(Four Seasons, Berlin)

... Das schöne Model in der Fielmann-Werbung könnte den Detektiv beauftragen: „Suchen Sie mir ein Hotel in Deutschland mit einem schöneren Ambiente, einem besseren Service und einer besseren Gastronomie als das Bareiss!“ Auch hier müßte er gelangweilt antworten: „Vergessen Sie es.“ Und wirklich, dieses Serviceparadies auf Erden ist das schönste Hotel mit dem besten und aufmerksamsten Service in Deutschland und daher die Nummer eins der Ambiente Hotels. ...
Das Bareiss bleibt immer jung, ein Leben lang, denn es ist wie die Zeit, es bleibt niemals stehen.
(Bareiss, Baiersbronn)

... Lieblingstreffpunkt der Small talk-Society ist das Lorenz Adlon. Hier wird scheinbar keine Dummheit ausgelassen, Hauptsache man ist anders und kann sich von der Norm abheben. Was wäre die verwöhnte elitäre Gesellschaft ohne das Adlon. Leben wir doch in Zeiten, in denen Putschen Brammel und Karl Napp in der Nordsee Austern schlürfen, und der gewöhnliche Normalsterbliche längst auch für sich feinste Delikatessen entdeckt und somit zu einem Massenprodukt abgewertet hat. Und dank Aldi trinkt man heute Champagner fast wie einen Schaumwein. Nichts ist Otto Normalverbraucher mehr vorenthalten. Aber endlich kann man dank Küchenchef Karlheinz Hauser wieder abheben. Seiner betuchten Kundschaft kredenzt er mit Blattgold überzogenen Hummer. Auch wenn das Edelmetall keine geschmackliche Aufwertung ist und allenfalls dem Auge des selbsternannten Gourmets schmeichelt, so stärkt es zumindest das Selbstwertgefühl.
(Lorenz Adlon, Berlin)

... Hier kocht Deutschlands bester Koch, Harald Wohlfahrt. Von Mittwoch bis Sonntag inszeniert der Kochpapst in seinem Restaurant eine Gourmet-Oper. Seine Leistung erfreut sich einer Konstanz, die ihresgleichen sucht. Bis zum heutigen Tag hat Wohlfahrt der Versuchung widerstanden, sich in die Medienmaschinerie einspannen zu lassen. Anscheinend will er sich nicht als Fernsehkoch oder ständiger Talkshowgast verheizen lassen und kümmert sich lieber um das Wesentliche, nämlich um sein Restaurant. Die Gäste werden es ihm danken, denn einige seiner Kollegen glänzen häufig durch Abwesenheit in ihren Restaurants, pflegen lieber ihr Ego und setzen sich gekonnt in Szene, um sich dann in die Reihe des Prominentenproletariats einzureihen. ...
Leider macht der Schwarzwaldbarock, der sich im ganzen Hotel ausgebreitet hat, auch vor der Schwarzwaldstube keinen Halt. Fragt man die Journalisten oder die Gäste hinter vorgehaltener Hand, so ist man sich einig: Das Bareiss hat eindeutig das schönere und geschmackvollere Interieur, aber wen stört es, denn selbst wenn Wohlfahrt sein Wirkungsfeld in ein Festzelt verlegen würde, so würden es die Gäste als Extravaganz auslegen.
(Schwarzwaldstube, Baiersbronn)

... Was ist los mit Sixt? Einst war die Firma der Schrecken der Autovermieterbranche, heute ist sie nur noch eine Apotheke mit einem Serviceverständnis, das einem Kopfschmerzen bereitet. Ob Erich Sixt vom täglichen Zuschauen des Nachtprogramms inspiriert wurde, wo geschäftstüchtige, gutaussehende Damen den Zuschauer auffordern, eine 0190-Nummer anzurufen, weiß ich natürlich nicht. Tatsache ist jedoch, daß Sixt nun seine Preisauskünfte und Reservierungen über eine solche gebührenpflichtige Nummer vornimmt. Geht der einst fortschrittliche Unternehmer in Sachen Service rückwärts? Und das in Zeiten, in denen sich sogar ein Unternehmen wie die Deutsche Telekom bemüht, kundenfreundlicher zu werden. Sixt-Kunden werden es sicher honorieren, pro Minute DM 1,21 nur für Auskunft oder Reservierung und dann zusätzlich noch die relativ hohen Miettarife bezahlen zu müssen. Oder plant Sixt, künftig gar keine Autos mehr zu vermieten und statt dessen in der Telekommunikationsbranche sein Geld zu verdienen?
(Sixt Autovermietung)