LESEPROBEN Der Trebing-Lecost Hotel Guide 2011

(...) Nachdem sich die renommierte Hotelkette Kempinski aus dieser einmaligen Hotelanlage, die sowohl kulturhistorisches Monument als auch Luxusresort der Spitzenklasse ist, zurückgezogen und der eher farblose Direktor Martin Kolb nach zweieinhalbjähriger Tätigkeit ebenfalls das Weite gesucht hat, scheint man sich nun wieder gefangen und auf einem durchaus überdurchschnittlichen Niveau eingependelt zu haben. (...) So mussten sie damit leben, dass Kolb wie eine Gutsherr auftrat und auch schon mal einen Hubschrauber vor der Frühstücksterrasse landen ließ, der den Gästen Grashalme auf die Brötchen blies. Holger König, vormals im Berliner Kempinski Bristol am Kurfürstendamm tätig, besitzt offensichtlich etwas mehr Gespür für die Bedürfnisse der Gäste, wobei es ihm wiederum an Erfahrung zu fehlen scheint. Keine glorreiche Idee und vor allem dem Niveau des Hauses nicht angemessen war die kurzfristige Entscheidung, Eierspeisen à la minute sowie frisch gepresste Säfte in Rechnung zu stellen. Das sorgte insbesondere bei Stammgästen für Verstimmung. Bei unserem Besuch war der Protest eines Gastes nicht zu überhören, als dieser aufgefordert wurde, den Rechnungsbeleg für die von ihm zuvor bestellten Spiegeleier abzuzeichnen. Offensichtlich war der Mitarbeiterin dieser Vorfall äußerst unangenehm, wie an ihrer tiefroten Gesichtsfarbe abzulesen war. Als der Gast sie dann noch aufforderte, der Geschäftsleitung auszurichten, man solle künftig mindestens auf einen Stern verzichten, damit er diese Geschäftspraktik auch zukünftig akzeptiere, schien sie am liebsten in ein Erdloch versinken zu wollen. (...) Bei uns hinterlässt Direktor König den Eindruck, als betrachte er dieses außergewöhnliche Hotel als sein ganz persönliches Experimentierfeld, auf dem er die Erfahrungen, die er bislang sammeln konnte, weiter vertiefen möchte. Hinter vorgehaltener Hand munkelt man, er sei sowieso lediglich der Adlatus von Jagdfeld. Es ist ein offenes Geheimnis, dass König so gut wie keine eigenen – zumindest keine weitreichenden – Konzepte etablieren darf, die nicht zuvor vom Fondschef genehmigt wurden. (...)
(Grand Hotel Heiligendamm, Bad Doberan)

(...) Das Haus ist mit lediglich 15 komfortabel ausgestatteten Zimmern und Suiten sehr überschaubar. Im Söl'ring Hof ist man unter sich: Die Gefahr, am Nachbartisch auf Schnäppchentouristen zu treffen, die das Hotel als Sonderangebot bei Lidl gebucht haben, besteht hier nicht. Die Preispolitik des Hauses ist glasklar: Zimmerraten sind verbindliche Festpreise, Sonderkonditionen gibt es bis auf ganz wenige saisonale Ausnahmen nicht. Wer hier logiert, muss schon etwas tiefer in die Tasche greifen. Wahrer Luxus ist schließlich nicht günstig zu haben, auch wenn uns das die Werbung vielfach weismachen möchte. (...)
(Dorint Söl’Ring Hof, Sylt)
 

(...) Auch Peter Mikkelsen, von dem wir uns eine Menge versprochen haben, hat leider nicht mit der Konsequenz durchgegriffen, die wir uns gewünscht hatten. (...) Geben wir ein Beispiel: Das Serviceverständnis der Mitarbeiter im Restaurant Capricorne könnte den einen oder anderen Gast sicherlich zur Verzweiflung bringen. Nimmt man im meist leeren Restaurant Platz, muss man sich zunächst die Aufmerksamkeit des Servicepersonals erkämpfen. Es ist durchaus möglich, dass eine Viertelstunde vergeht, bis sich eine Mitarbeiterin an den Tisch bequemt, um die Speisekarte zu bringen. Kein Glanzstück, vor allem wenn im Restaurant gähnende Leere herrscht. Ihr gelangweilter, fast schon spöttischer Gesichtsausdruck hinterließ auch nicht gerade einen positiven Eindruck. Der zweite Streich erfolgte sogleich: Eine weitere Mitarbeiterin brachte erneut eine Speisekarte. Offensichtlich arbeitet man nicht im Team, sondern jeder scheint hier zu machen, was er will. Erschreckend war allerdings, dass sie auf die Bitte, uns einen Hauptgang zu empfehlen, entgegnete: "Das ist alles lecker bei uns, kommt halt darauf an, auf was Sie Appetit haben." So weit, so schlecht. Nachdenklich stimmte uns dann noch, dass besagte Mitarbeiterin unsere Bestellung fast vollständig vergessen hatte, noch bevor sie die Küche erreichte. Neurologen könnten hier eine partielle Amnesie vermuten. Als die Mitarbeiterin dann an unseren Tisch zurückkehrte und uns in fast schon heiterem Tonfall fragte: "Was hatten Sie noch mal als Hauptgang bestellt?", war ohne Zweifel der Tiefpunkt der Gästebetreuung erreicht. (...)
(Radisson BLU Schwarzer Bock, Wiesbaden)