LESEPROBEN Der Trebing-Lecost Hotel Guide 2020
Es
war ein Paukenschlag, als im letzten Frühjahr bekannt wurde, dass
Direktor Thilo Mühl, der ja, als er im April 2018 das Haus von
Thomas Peruzzo übernahm, bei jeder sich bietenden Gelegenheit
gegenüber Journalisten betonte, hier sozusagen eine Lebensstellung
angetreten zu haben, seinen Abgang verkündete. Kaum ein Jahr nach
seinem Antritt ließ der Eigentümer dann über eine
Hamburger Presse-agentur sinngemäß verkünden, Mühl
habe seine Aufgabe vollständig abgeschlossen und werde wie geplant
das Haus verlassen. Wenig später folgte dann eine weitere
Überraschung, nämlich als durchsickerte, Eigentümer Paul
Morzynski habe Thies Bruhn, einen bewährten Kempinski-Mann,
verpflichten können. (…) So wie wir den smarten
Hotelmanager kennen, sorgt er hier jedenfalls für frischen Wind.
Sätze wie „Das machen wir hier schon immer so!“ oder
„Das wollen unsere Gäste gar nicht!“, gern
geäußert als Rechtfertigung für mangelnde
Innovationskraft oder schlichte Bequemlichkeit, akzeptiert er
sicherlich nicht. (…) Wie er uns versicherte, möchte
er das Profil des Hauses schärfen und es künftig vor allem
international besser positionieren. In jedem Fall kann man
konstatieren, dass in Mecklenburg-Vorpommern das Grandhotel
Heiligendamm nach wie vor unbestritten eine der drei führenden
Luxusherbergen ist. (…) Kurzum: Für den
geschäftsführenden Direktor Thies Bruhn bleibt auf jeden Fall
eine Menge zu tun. Da wir ihn bereits viele Jahre kennen und um seinen
Ehrgeiz wissen, wird er hier in jedem Fall neue Prozesse anstoßen
und im Interesse der Eigentümer die Netzwerke weiter ausbauen, die
für den Erfolg eines solchen Resorts unabdingbar sind. Durch
personelle Veränderungen eine Servicemannschaft zu formieren, die
den von ihm ausgegebenen Kurs vollumfänglich unterstützt und
verlässlich umsetzt, ist sicherlich notwendig. Nichts hasst der
smarte Manager nämlich mehr, als sich ständig wiederholen und
fortwährend die Einhaltung der von ihm festgelegten Leitlinien
anmahnen zu müssen. Dem Resort wird ein solch führungsstarker
Manager sicherlich guttun, und auch unter Hotelmitarbeitern sind
unserer Erfahrung nach Direktoren mit klaren Vorstellungen und strengen
Vorgaben beliebter als Manager, die ihrem Personal ausweichen und keine
nachvollziehbaren Ziele vorgeben.
(Grandhotel Heiligendamm, Bad Doberan)
Wie gern würden wir in diesem Jahr unsere Leser mit
spannenden Neuigkeiten aus diesem Maritim-Hotel überraschen. Etwa
mit der Nachricht, dass der Nachfolger des langjährigen
Geschäftsführers Gerd Prochaska einen weitaus
größeren Einfluss auf Firmenchefin Dr. Monika Gommolla
ausüben und die zu Sparsamkeit neigende Konzernchefin dazu bewegen
konnte, für dieses Haus endlich weitreichende
Renovierungsmaßnahmen zu bewilligen. Fast schon eine Sensation
wäre es dann gewesen, wenn diese Maßnahmen auch gleich mit
einem neuen, innovativen Interior Design einhergegangen wären und
damit einen Kontrapunkt zu den übrigen Hotels der Gruppe gebildet
hätten. Träumen darf man ja. Passieren indes wird das alles
nicht, so lange „Frau Doktor“, wie Gommolla intern
respektvoll genannt wird, die Geschicke der Kette lenkt und im
Hintergrund die Fäden zieht. Die als sehr pragmatisch geltende
Konzernchefin setzt bei der Auswahl ihrer Innen-ausstattung auf
langlebige Möbel, haltbare und fleckenfreundlich gemusterte Stoffe
und Teppiche. Hinter vorgehaltener Hand wurde uns berichtet, dass sie
beispielsweise neue Bodenbeläge zuvor einem Qualitätscheck
unterzieht, indem diese eine lange Zeit unter ihrem Bürostuhl auf
Schmutzempfindlichkeit und Belastbarkeit geprüft werden. Dass
diese Hardware dann bis zum bitteren Ende genutzt werden muss, versteht
sich für Monika Gommolla genauso von selbst wie die Tatsache, dass
diese auch, wenn nötig, entsprechend aufgearbeitet wird, um einen
Austausch zu vermeiden. (…) Bei der Hoteldirektorin
Constanze Neuhörl ist allerdings schwer zu sagen, was sie
eigentlich so den lieben langen Tag macht. Sie zeigt bei ihren
Gästen jedenfalls wenig Präsenz und scheut augenscheinlich
den direkten Kontakt – wahrscheinlich befürchtet sie,
bezüglich des Renovierungsstaus in Erklärungsnot zu geraten,
sollte sich einmal ein Gast hierher verirren, der mit den
Maritim-Eigenheiten nicht vertraut ist.
(Maritim, Bremen)
Es gibt in Deutschland eine Vielzahl an
Fünf-Sterne-Hotels, die den Kriterien des DEHOGA, des Hotel- und
Gaststättenverbands, entsprechen. Bei der Gesamtbeurteilung werden
die weichen Faktoren – also beispielsweise die
Servicequalität – nur peripher gewichtet; lediglich das
Dienstleistungsangebot findet Berücksichtigung. Zugegeben, das
könnte im Rahmen einer angemeldeten Visite nicht objektiv gemessen
werden. Womit wir beim Thema wären: Das Badhotel Sternhagen, ein
privat geführtes Luxus-Leisurehotel, zeichnet sich insbesondere
durch eine herausragende Service- und Dienstleistungskultur aus. Von
der An- bis zur Abreise wird dem Gast ein besonderes Cocooning-Programm
zuteil, (…). Selbstverständlich werden die Gäste von
Direktorin Susan Cantauw persönlich begrüßt,
vorausgesetzt, sie ist im Haus – und das ist sie fast immer. In
jedem Fall findet der Ankömmling, egal, welche Kategorie er
gebucht hat, eine Willkommenskarte der Direktorin auf seinem Zimmer
vor, denn, so Cantauw: „Jeder Gast ist bei uns eine
V.I.P.!“ (…) Und diese treuen Gäste, die hier
teilweise über mehrere Wochen hinweg ihren Urlaub verbringen, sind
das Kapital des Hotels. „,Geht nicht‘ gibt es hier
nicht!“ Die Hotelchefin betont uns gegenüber, schwierige
Gäste hätten sie nicht, nur anspruchsvolle, und
Sonderwünsche seien für sie allenfalls eine Herausforderung.
(…) Augenblicklich ist das Badhotel Sternhagen im Hinblick auf
Service, Kulinarik und Wellnessangebot in Cuxhaven die unangefochtene
Nummer eins.
(Badhotel Sternhagen, Cuxhaven)
„Ich bin wieder hier in meinem Revier, war nie wirklich
fort …“ – das ist so eine Textzeile von Marius
Müller-Westernhagen, die für die Personalie Eduard M. Singer
passender nicht sein könnte. Nach einem Ausflug in die private
Luxushotellerie, der – zugegeben – immerhin zehn Jahre
andauerte, ist Singer wieder zu seinen Wurzeln zurückgekehrt und
führt nun seit September 2019 wieder ein Businesshotel, das dem
First-Class-Segment zuzuordnen ist. Er, der erfahrene Manager, der
einst in die Rolle des Gastgebers einer Nobelherberge hineinwuchs, ist
sich doch irgendwie immer treu geblieben. (…) Jetzt also
hat er mit dem Crowne Plaza Congress Hotel ein Haus übernommen,
das für ihn wie geschaffen ist, sozusagen ein Terrain, das er
kennt und auf dem er zu Hause ist. (…) Zusätzlich wurden
ihm überregionale Aufgaben mit übertragen – offiziell
hat man ihn zum Director of Operations ernannt. Eine solche offizielle
Funktion war sicherlich auch wichtig, damit er das Gesicht wahren
konnte, denn der Weg von einem renommierten privaten Luxusgrandhotel
zurück in die Niederungen eines Konzerns ist, bei Lichte besehen,
doch ein Abstieg. (…)
(Crowne Plaza Congress Hotel, Frankfurt)
(…) Aber ein sehr bewusstes Kostenmanagement
bemerkt man in allen Abteilungen des Hauses. Geben wir ein Beispiel:
Früher erhielten alle Gäste eine Einladung in die sogenannte
Hospitality Lounge, ein Salonzimmer, in der kleine Knabbereien und eine
sogenannte Open Bar angeboten wurden. Später reduzierte man das
auf einen Drink, zuletzt erhielten nur noch Gäste, die eine Suite
gebucht hatten, eine Einladung auf ein Getränk an der Bar. Auch
die hochwertigen Pflegeprodukte von Molton Brown in den Bädern
wurden – von den Suiten abgesehen – gegen solche eines
großen Lieferanten für Hotelkosmetik ausgetauscht, und das
noch unter der Legende Gerhard Köhler eingeführte
Verwöhnmenü ist mittlerweile ebenfalls vom Sparzwang
betroffen. (…) Aber da die kostenfreie Minibar auch schon seit
Längerem deutlich limitiert ist, wird es nur noch eine Frage der
Zeit sein, bis dieser Service ebenfalls komplett eingestellt werden
wird. Und auch die Neubesetzung der Position mit Dominik Ritz
lässt nicht die Hoffnung aufkommen, dass man künftig zu den
Wurzeln rückhaltloser Service- und Dienstleistungsbereitschaft
zurückkehrt. Ritz, der zuletzt als Direktor für ein
Offenbacher Businesshotel tätig war, sehen wir hier eher als eine
Art Statthalter, denn die Fäden zieht Sandro Bohrmann, der in der
Funktion des Chef Operating Officer (COO) unter anderem die
Neuausrichtung der Hotels und gastronomischen Einrichtungen für
die Hessische Hausstiftung vorantreibt. (…)
(Grandhotel Hessischer Hof, Frankfurt)
(…) Nachdem hier Beate Lehmann, die zuletzt im
Low-Budget-Segment tätig war, seit März letzten Jahres die
Verantwortung übernommen hat, bemerkt man nun deutlich, wohin die
Reise künftig geht. (…) Den direkten Gastkontakt vermeidet
Frau Hoteldirektorin aber, wann immer es geht. (…) Unter anderem
checkten wir auch den Zimmerservice, getreu dem Motto der
Vielreisenden: „Sage mir, wie das Club Sandwich war, und ich sage
dir, wie es um die allgemeine Küchenqualität bestellt
ist.“ Vorweg sei also angemerkt, dass wir hier einen absolut
unterdurchschnittlichen Toast serviert bekamen, der uns allzu
optimistisch als „Original Club Sandwich“ annonciert worden
war. (…) Der Gipfel der Unverfrorenheit war allerdings, dass
neben dem Zimmeraufschlag auch 3,50 Euro für Milch berechnet
wurden. Was war passiert? Auf dem Zimmer besteht die Möglichkeit,
kostenfrei einen Kaffee zuzubereiten, allerdings war die Milch nicht
aufgefüllt worden. Wir baten an der Rezeption darum, diese
nachzuliefern. Das sei kein Problem, informierte man uns –
allerdings wisse man im Moment nicht, wo die verpackte Kondensmilch
sei. Ob man denn auch ein Milchkännchen als Ersatz bringen
dürfte? Und so kam es zu den 3,50 Euro. Die sofortige
Reklamation bei der Mitarbeiterin des Etagenservices lief völlig
ins Leere. Ihre Antwort: „Da kann man nichts machen, das machen
wir hier immer so.“ (…) Keinen allzu guten Eindruck
macht es jedoch auch, wenn in der Gästemappe eine ausgefüllte
Karte für das Zimmerfrühstück des Vorgängers liegt,
der sich offenbar umentschieden hat. Auch wenn wir mit ihm
geschmacklich fast auf der gleichen Linie gewesen wären und uns
durchaus ebenfalls für ein Egg Benedict hätten begeistern
können – die zwei Croissants mit Butter sowie die Bananen
wären dann im Anschluss doch zu viel des Guten gewesen.
(…)
(Fürstenhof, Leipzig)