LESEPROBEN Der Trebing-Lecost Hotel Guide 2022

Seit Sommer 2019 trägt Thies Bruhn die Verantwortung für das Grandhotel Heiligendamm. Mit ihm, so zumindest unser Eindruck, hat sich vieles zum Positiven gewendet. So hat er für verbindliche Leitlinien gesorgt und fordert deren konsequente Umsetzung von seinen Mitarbeitern ein. Zudem wurden unter seiner Ägide die Servicestandards nochmals angehoben. In turbulenten Zeiten wie diesen ist er der richtige Manager, um das Grandhotel Heiligendamm sowie das Schwesterhotel Prinzenpalais durch die aktuelle Krise zu führen. Vor diesem Hintergrund war es wichtig, nicht nur auf Sicht zu fahren, sondern zudem Entscheidungen zu treffen, die für den weiteren wirtschaftlichen Erfolg existenziell sind. Bruhn ist eher der smarte Manager, der in den ihm bisher übertragenen Häusern die Weichen in Richtung Zukunft stellt. Unverzichtbar für ihn, regelmäßig zu überprüfen, wie das Hotel noch breiter aufgestellt werden kann. In seinem Team hat er Mitarbeiter, die sich um die Guest Relation kümmern. Dieses Vorgehen ist unverzichtbar, denn gerade die zahlreichen Stammgäste erwarten hin und wieder eine Ansprache, wenn nicht durch den Direktor selbst, dann aber zumindest durch die Abteilungsleiter. Mehrfach haben wir an dieser Stelle bereits erwähnt, dass Bruhn kein Direktor ist, der bei seinen Gästen regelmäßig die Vitalwerte überprüft, obgleich er über die entsprechende Eloquenz verfügt und durchaus in der Lage wäre, sein Gegenüber nonchalant zu unterhalten. (…)
(Grand Hotel Heiligendamm, Bad Doberan)

Es ist noch gar nicht so lange her, als wir an dieser Stelle vor allem das sichtbar angejahrte Zimmerprodukt des Hotels Jagdhaus Eiden monierten. Aus der eigenen Wahrnehmung heraus, keine ernst zu nehmenden Mitbewerber zu haben, war die Motivation bis vor einigen Jahren vermutlich nicht allzu groß, erhebliche Geldmittel für grundlegende Erneuerungen aufzuwenden. Hinzu kam der allgemeine Niedergang des gesundheitsorientierten Kurwesens in Deutschland, das im Zuge des demografischen Wandels und des aus der zunehmenden Überalterung resultierenden Ökonomisierungszwangs bei den Krankenkassen stark zu leiden hat. (…) Die Zeiten, in denen rüstige Senioren hier in der überwiegenden Zahl kurten und Heilbehandlungen genossen, sind definitiv vorbei. Und in Anbetracht der Tatsache, dass Bad Zwischenahn das Gegenteil eines glamourösen Kurortes ist, in dem eine wohlsituierte Klientel schon einmal ihren Jahresurlaub verbringt, war es geboten, im Hotel die entsprechenden Rahmenbedingungen für eine anspruchsvollere Zielgruppe zu schaffen, um sich zukunftsfähig aufzustellen. (…) Familie zur Brügge hat daher nun ihre Hausaufgaben gemacht, denn es erfolgten in den vergangenen Jahren umfangreiche Investitionen, unter anderem in die Zimmer und Suiten, aber auch in Erweiterungsmaßnahmen im Wellnessbereich, sodass wieder zu Konkurrenzprodukten anderer deutscher Traditionskurhotels mit Wellness- und Gourmetangebot aufgeschlossen werden konnte. (…) Das erwähnte Gourmetrestaurant Apicius ist für Gourmets der nahezu einzige Anlaufpunkt in dieser Region. Chef de Cuisine ist seit 2014 Tim Extra. Ihm ist es gelungen, mehrfach in Folge einen der begehrten Michelin-Sterne zu sichern, die international wohl bedeutendste Auszeichnung der Spitzengastronomie. (…)
(Jagdhaus Eiden, Bad-Zwischenahn)

(…) Eigentümer dieses 150 Hektar großen Resorts ist Konstantin Magalow, ein ehemaliger international erfolgreicher Springreiter. Somit stellt der Reitsport den Schwerpunkt von Gut Ising dar. Auf dem Gelände befinden sich unter anderem eine Reitschule sowie drei Reithallen, eine Galoppbahn und eine Poloanlage. Zahlreiche Gäste verbringen hier ihren Urlaub mit ihrem eigenen Pferd, das dann in einer der 50 Gastboxen untergebracht werden kann. Ferner lassen sich Wassersportarten wie Segeln, Surfen oder Kiten auf dem in unmittelbarer Nähe befindlichen Chiemsee betreiben. Sportarten wie Langlauf, Biathlon, Eislaufen und Rodeln sind im Winter möglich. Und selbstredend kann der Gast hier auch einfach nur eine Auszeit nehmen und ganz entspannt relaxen, beispielsweise im 2.500 Quadratmeter großen Spa. (…) Besonders begeistern die beiden Spa-Lofts, für die wir daher eine besondere Empfehlung aussprechen möchten. Sie zeichnen sich durch zusätzliche Komfortmerkmale wie einen Whirlpool, eine Infrarotsauna, eine Doppeldampfdusche und einen Elektrokamin aus. (…)  Seit September 2012 steht Christoph Leinberger diesem Haus vor, ein Manager, der zuvor für renommierte Leisurehotels wie das ehemalige InterContinental Resort Berchtesgaden oder das Althoff Seehotel Überfahrt in Rottach-Egern tätig war. Er hatte Gut Ising bislang mit viel Leidenschaft geführt, zeigte Präsenz bei seinen Gästen und gab einen mehr als passablen Gastgeber ab. Vor allem aber war er offen für konstruktive Kritik. In den letzten drei Jahren allerdings haben wir den Eindruck, dass er ein wenig an Enthusiasmus verloren hat. Vielleicht ist er nun der Auffassung, Gut Ising sei ein Selbstläufer, weshalb ein Gastgeber par excellence verzichtbar wäre. (…) Unser Fazit: Gut Ising bietet nicht nur für einen Kurztrip am Wochenende, sondern auch für einen längeren Aufenthalt beste Voraussetzungen.
(Gut Ising, Chieming)

Wer in Essen für einen dienstlichen oder privaten Aufenthalt eher ein etwas ruhiges, persönlicher geführtes Spitzenhotel präferiert, dem sei das Schlosshotel Hugenpoet empfohlen. (…) Die im Schloss befindlichen Zimmer sind klassisch-elegant, teilweise mit Antiquitäten eingerichtet. Bei jenen in der Remise oder im Torhaus ist das Design hingegen zeitlos-elegant gehalten. (…)  Trotz der zahlreichen positiven Attribute in Bezug auf das Schlosshotel Hugenpoet ist leider auch Kritik anzubringen, denn dieses Jahr waren wir sehr erschrocken, wie unprofessionell eine Mitarbeiterin der Rezeption am Telefon agierte. Aufgrund der geringen Größe des Hauses wird seit jeher die Zimmerreservierung vom Frontoffice übernommen. Genau genommen wusste diese Mitarbeiterin aber wenig bis gar nichts von diesem Hotel. Detailfragen lachte sie immer wieder weg, hängte an die Sätze das Wort „genau“ an. Offenbar, um das Gesagte zu unterstreichen. Peinlich wurde es dann, als wir sie fragten, welche Küchenlinie denn das neue Restaurant 1831 verfolge. Ihre Antwort: „Klassisch, modern interpretiert“. Diese Aussage erforderte eine Rückfrage und sie wurde gebeten, dies zu konkretisieren. Denn es stellt sich die Frage, ob es sich denn um eine klassische französische Küche oder klassische deutsche Küche in einer neuen Interpretation handelte. Letzteres wäre nicht abwegig gewesen, denn in der Karte gesellte sich beispielsweise zu dem Steinbuttfilet oder dem Salzwiesen-lamm auch eine Rinderroulade. Ihre Antwort: Die Küche werde halt allgemein modern interpretiert. Wer soll ihr eine solche Antwort verübeln, wenn selbst auf der eigenen Internetpräsenz Plattitüden wie „Fine Dining neu gedacht, ungezwungen und ungewöhnlich“ zu finden sind. Wir entließen sie letztlich dann aus unserer Befragung, nachdem sie uns dann im Gespräch zum dritten Mal – sozusagen mit Nachdruck – die Empfehlung ausgesprochen hatte, weitere Informationen und Impressionen auf der Homepage abzurufen. Zu freundlich der Hinweis, dass wir doch gern wieder anrufen dürften, nachdem wir uns auf der Homepage ausgiebig umgeschaut hätten. Nicht sehr schmeichelhaft, aber vielleicht einfach nur ehrlich war im Übrigen ihre Umschreibung der Zimmer und Suiten, die sich im Schloss befinden, denn die seien nun mal „älter“, während jene im Torhaus doch „schon moderner“ seien. (…)
(Schlosshotel Hugenpoet, Essen)

Gerade in Krisenzeiten sind erfahrene Hotelmanager, die souverän und mit ruhiger Hand ein Haus führen können, gefragter denn je. Eduard M. Singer, der zur Überraschung vieler Branchenkenner im Herbst 2019 dieses Businesshotel in der Bürostadt Niederrad übernommen hatte, stand wenige Monate später vor einer der größten Herausforderungen überhaupt, nämlich einer Pandemie mit weitreichenden Auswirkungen auf die Hotellerie. Während sich die Lage weiter verschärfte, entschied sich Singer verständlicherweise, der Branche doch lieber den Rücken zu kehren und nutzte die sich ihm bietende Chance, sich in den etwas sichereren Schoß des öffentlichen Dienstes zu begeben. Nicht unklug, denn die Hospitality-Branche befindet sich schließlich vor einem großen Wandel mit ungewissem Ausgang, denn auch in den kommenden Jahren werden die Folgen der Pandemie noch zu spüren sein. Darüber hinaus werden Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Fachkräftemangel die bestimmenden Themen sein. Entsprechend müssen tragfähige Konzepte erarbeitet und richtungsweisende Entscheidungen getroffen werden. Singer, der über viele Jahre einem der renommiertesten Luxushotels der Stadt vorstand und zudem Vorsitzender des DEHOGA Frankfurt war, verfügt natürlich über hervorragende Kontakte zu Kommunalpolitikern. Als er das Angebot erhielt, für die Stadt Frankfurt tätig zu werden, hat er nicht lange überlegen müssen. Nicht zuletzt deshalb, da dieses Haus zu einem Karriereknick hätte führen können. (…)
(Crowne Plaza Congress Hotel, Frankfurt)

Die nordhessische Großstadt Kassel verfügt über zahlreiche Hotels im Mittelklasse- und First-Class-Segment. Branchenprimus ist zweifelsohne das La Strada, was ausschließlich auf die herausragenden Tagungs- und Veranstaltungskapazitäten und nicht etwa auf die Service- und Dienstleistungsqualität zurückzuführen ist. (…) Nach wie vor vermissen wir in allen Abteilungen kompetente Ansprechpartner. Es lässt sich nämlich der Eindruck gewinnen, dass sich die meisten Mitarbeiter nicht mit dem Haus, das sie vertreten, identifizieren und in Bezug auf viele Details ahnungslos sind. Überwiegend verfügen sie offensichtlich nur über Basiswissen: sei es zu den Veranstaltungsräumen, den Zimmern oder der Gastronomie. In diesem Jahr gerieten wir an eine Dame, die, das möchten wir unbedingt zuvor erwähnen, äußerst freundlich war, denn wir hatten bisweilen schon Kontakt zu wahren Furien gehabt. Auf die Frage, welche Zimmer auf dem neuesten Renovierungstand seien, antwortete sie allerdings nur nichtssagend: „Alle sind wunderwunderschön.“ Wir hakten nach und wollten wissen, welches Segment denn gebucht werden müsse, um in den Genuss eines einigermaßen frisch renovierten Zimmers zu kommen. „Buchen Sie doch einfach ein Zimmer, kommen vorbei und wenn es nicht gefällt, dann suchen wir ein anderes heraus, es könnte dann halt etwas teurer werden, je nachdem.“ Da drängt sich der Eindruck auf, dass es lediglich einige wenige neue Zimmer gibt, sodass man vermutlich vorgeben will, diese seien der Standard. Wichtig zu wissen, dass die Anlage aus drei Gebäudeteilen besteht, die unterschiedlichen Segmenten zugeordnet werden. Letztlich konnte die Dame keine adäquate Auskunft geben und flüchtete sich in folgenden Hinweis: „Jeder Mensch sieht das anders und muss das selbst einschätzen, da können wir leider nicht helfen.“ Besonders amüsiert hat im weiteren Gespräch ihre Restaurantempfehlung. Das Castella wäre „echt gut“, da gebe es nämlich alles, von „italienisch bis Kartoffelsalat“. (…)  Am Ende des Gesprächs wollte sich die Mitarbeiterin dann noch ein Lob abholen, in dem sie sich erkundigte, ob sie denn weiterhelfen konnte. Hierauf lautete unsere Antwort schlicht und einfach: „Leider nein.“    
(La Strada, Kassel)

(…) Die Minibar wird seit Neuestem nicht mehr befüllt: ein sich abzeichnender Trend in der Branche, um so Personalressourcen einzusparen. Es wurden an der Rezeption Kühlschränke aufgestellt und der Gast muss die Getränke selbst entnehmen. Blicken wir auf die Gastronomie. (…)Ferner kann ein Freizeitbereich mit Pool und Sauna vorgehalten werden. Standard ist bei Maritim seit einigen Jahren, dass bei Nutzung des Saunabereiches sowie des Gym, der im Übrigen recht ordentlich ausgestattet wurde, eine Eintrittsgebühr von augenblicklich 5 Euro in Rechnung gestellt wird. Nachvollziehbar, dass im „grünen Ländle“ ein Hotel natürlich auch in der Tiefgarage eine Elektroladestation ausweist. Wir möchten an dieser Stelle in jedem Fall die Umschreibung der Zimmer loben. Sollte sie von Frau Dr. Gommolla höchstpersönlich stammen, was durchaus nicht abwegiger ist als die Vermutung, sie habe eine hippe Agentur vom Prenzlauer Berg aus Berlin beauftragt, so ist die kreative Umschreibung des konservativen, etwas aus der Zeit gefallenen Zimmerproduktes umso mehr zu bewundern: „Unaufdringlicher Komfort, edle Materialien und frische Gestaltung mit Beige- und Anthrazit-Tönen schmücken die 555 Zimmer und Suiten des Hotels.“ Besonders die Wortgruppe „unaufdringlicher Komfort“ ist im Kontext mit diesem Zimmerprodukt einfach amüsant. Aber genug der kleinen Frotzeleien, immerhin erhielt das Hotel 2016 eine erweiterte Auffrischung, die Zimmer sind also für Maritim-Verhältnisse noch jungfräulich. Nur von ihren konservativen Lampenschirmen wollte die Chefin aber nicht Abstand nehmen, ebenso wenig von den Holzvertäfelungen an der Wand um das Bett herum. Wenig hält sie offenbar von Kopfteilen an den Betten, an die sich der Gast gemütlich anlehnen könnte. Gelegentlich ging die Chefin aber schon einmal mit der Zeit, etwa als sie sich von den Duschvorhängen getrennt hatte, die im Haus so lange gegen Kritik und Spott verteidigt wurden und die nun endlich gegen gläserne Duschabtrennungen als Badewannenaufsatz ersetzt wurden. „Es geht doch!“, wird da so mancher Gast erleichtert seufzen.
(Maritim, Stuttgart)

Der Besuch von Schloss Neuschwanstein steht nicht nur bei chinesischen Reisegruppen, die Europa oftmals im Eiltempo und nicht selten in nur zehn Tagen bereisen, auf dem Programmpunkt, sondern ist auch für deutsche Urlaubern ein Must-see. Davon hat die hiesige Hotellerie über viele Jahrzehnte profitiert oder pointierter formuliert: Sie hat die Kuh bis zum Gehtnichtmehr gemolken. (…) Bisweilen wurden Preise aufgerufen, bei denen von einem akzeptablen Preis-Leistungs-Verhältnis keine Rede sein konnte. Denn die Häuser waren allesamt in die Jahre gekommen, was besonders das Zimmerprodukt betraf. Vieles war den internationalen Touristen, die nur eine Nacht blieben, als Lokalkolorit zu verkaufen. Da konnte es schon einmal passieren, dass auf dem Teller statt selbst gemachter Semmelknödel, wie sie in Bayern selbstverständlich in jedem Gasthaus zu haben sind, Knödel aus dem Kochbeutel landeten, die innen noch trockenes Granulat enthielten. Und auf dem Zimmer, das irgendwann einmal angeblich kreativ von heimischen Amateurkünstlern gestaltet wurde, musste dann mit durchgelegenen Matratzen, abgenutztem, zusammengesuchtem Mobiliar und 40 Jahre alten Bädern vorliebgenommen werden. In Anbetracht der beschriebenen Lage war offensichtlich keine Eile geboten, in die Zimmer und Suiten sowie in die übrige Infrastruktur zu investieren. Ein Teil der Gäste empfand den gediegen-konservativen Stil oder amateurhaft gestaltete Zimmer sogar als urig-heimelige Gemütlichkeit, andere nahmen die Malaise einfach hin. (…) Mit dem AMERON Alpsee Resort trat dann ein Haus am hiesigen Markt an, das sich mit seinem Gesamtprodukt sofort an die Spitze der Hotellerie in Füssen und Umgebung setzte. Die erwähnte Eigendynamik mit gestiegener Investitionsbereitschaft der bereits bestehenden Häuser wird hierdurch noch verstärkt, obwohl Corona natürlich erst einmal etablierte wie neue Unternehmen im Tourismusbereich für zwei Jahre lähmte. Was vor der Eröffnung des AMERON wirklich fehlte, war ein Wellnesshotel der Spitzenklasse, das alle Erwartungen an ein Haus dieser Kategorie erfüllen kann, indem es neben einem hervorragenden Zimmerprodukt einen veritablen Spa-Bereich und eine hervorragende Gastronomie anbieten kann. Diese Lücke füllt nun das zur renommierten Althoff-Gruppe gehörende AMERON Neuschwanstein Alpsee Resort & Spa in Hohenschwangau, das vor allem um zahlungskräftige Gäste buhlt.
(Ameron Alpsee Resort & Spa, Schwangau)